UNVERGESSEN oder NEU ENTDECKT

Willi Graf 

 

Geboren am 2. Januar 1918 in Kuchenheim bei Euskirchen

Willi Grafs Eltern Anna und Gerhard Graf erziehen ihre vier Kinder (eins davon stirbt schon mit zwei Jahren) im christlichen Glauben.  Vater Gerhard leitet die örtliche Molkerei von Kuchenheim. Als Willi vier ist, zieht die Familie nach Saarbrücken um, wo Gerhard Graf im katholischen Johannishof, einem großen Veranstaltungshaus, die Geschäftsführung übernimmt. Er ist dort für die Saalvermietung zuständig und betreut einen Weingroßhandel.

Von 1924 an besucht Willi Graf die Volksschule St. Johann. 1928, als Zehnjähriger, geht Willi aufs Staatliche Ludwigsgymnasium.  In dieser Zeit ist er auch Messdiener in der Saarbrücker Pfarrei St. Johann. Noch zu seiner Schulzeit erlebt er, wie die kirchliche Jugendarbeit stark eingeschränkt wird. Dagegen ist die Mitgliedschaft in der Hitlerjugend (HJ) und im Bund Deutscher Mädel (BDM), dem Jungvolk und den Jungmädeln für alle Jugendlichen vom zehnten Lebensjahr an Pflicht.

Willi Graf ist im „Grauen Orden“, in dem sich konfessionell geprägte Jugendliche zusammengefunden haben. Er weigert sich, der HJ beizutreten, obwohl man ihm droht, er werde nicht zum Abitur zugelassen. Auch den von Lehrern und Eltern angeregten Eintritt nur zum Schein, um die schulische und berufliche Zukunft nicht zu gefährden, lehnt Willi Graf kategorisch ab. Eine Haltung, die ihm zueigen bleiben wird.

Klein-Willi

Erste Verhaftung

Willi Graf erhält trotzdem im Februar 1937 sein Abitur-Zeugnis. Danach absolviert er den Reichsarbeitsdienst in Dillingen-Saar und beginnt mit dem Medizinstudium in Bonn. Er denkt, dieses Fach sei „weniger mit Nazi-Gedanken befrachtet als die Fächer der Philosophischen Fakultät,“ die ihm eigentlich mehr liegen.

Ende Januar 1938 gelingt der Gestapo die Aufdeckung des „Grauen Ordens“, hinter dem sie eine Geheimorganisation zur Zersetzung der Hitlerjugend wittert. Zusammen mit 17 anderen Mitgliedern des „Grauen Ordens“ wird Willi Graf vor dem Sondergericht Mannheim wegen „bündischer Umtriebe“ angeklagt und für einige Wochen inhaftiert.

Im Krieg

Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges ist Medizinstudent Willi Graf als Sanitätssoldat auf verschiedenen Kriegsschauplätzen in Südfrankreich, Belgien, Jugoslawien, Polen und Russland im Einsatz. Mit Not und Leid der vom Kriegsgeschehen betroffenen Bevölkerung konfrontiert wird er Zeuge von scheibt er im Februar 1942 nach Hause: „Ich wünschte, ich hätte das nicht sehen müssen, was sich in meiner Umgebung zugetragen hat.“ Willi Grafs Schwester Anneliese sieht hier einen entscheidenden Sinneswandel: „Auf diese grauenhafte Wirklichkeit hatte Willi Grafs Gewissen reagiert. Nicht: Es muss etwas geschehen, sondern: Ich muss etwas tun“.

Die Kerngruppe

Widerstand

Zur Fortsetzung seines Medizinstudiums wird er im April 1942 zu einer Studentenkompanie nach München abkommandiert. Hier schließt er sich der „Weißen Rose“ an, der studentischen Widerstandsgruppe um Hans und Sophie Scholl und Alexander Schmorell, in der Hoffnung, die Grausamkeit des Krieges und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vorzeitig beenden zu können.

Mit Flugblattaktionen wollen sie die Bevölkerung aufrütteln und damit eine „Befreiung von innen“ bewirken. Im Sommer 1942 muss die Arbeit unterbrochen werden. Willi Graf, Hans Scholl und Alexander Schmorell werden erneut an die Ostfront abkommandiert.

Nach ihrer Rückkehr im November weiten sie die Widerstandstätigkeit der „Weißen Rose“ erheblich aus. Ganz unter dem Eindruck der Katastrophe von Stalingrad nehmen die Aktivitäten der „Weißen Rose“ im Februar 1943 zu.  In der Nacht zum 4. Februar 1943 schreiben Hans Scholl, Alexander Schmorell und Willi Graf an die Wände der Münchner Universität und an weitere Gebäude in München Widerstandsparolen: „Freiheit“, „Hitler, der Massenmörder“, Nieder mit Hitler“.

Die letzte Flugblatt-Aktion ist die am 18. Februar 1943. Hans und Sophie Scholl werfen Exemplare dieses Flugblattes in den Lichthof der Münchner Universität und werden verhaftet. Am Abend des gleichen Tages wird auch Willi Graf verhaftet, zusammen mit seine Schwester Anneliese, mit der er sich seine Wohnung in München teilt. Nur vier Tage später werden die Geschwister Scholl hingerichtet.

Willi mit seinen Schwester und Eltern

Verurteilung und Hinrichtung

Willi Graf wird ebenfalls zum Tode verurteilt. Aber nicht wie die Geschwister sofort umgebracht, sondern noch acht Monate in Haft gehalten. Durch Verhöre erhofft sich die Gestapo, von Willi Graf die Namen weiterer Mitglieder der „Weißen Rose“ zu erfahren und Informationen über weitere „konspirative Zirkel“ zu erhalten. Doch Willi Graf schweigt. Und rettet damit vielen Gleichgesinnten das Leben, indem sie Zeit bekamen, belastendes Material wie Waffen, Vervielfältigungsgeräte oder Flugblätter zu vernichten.

Willis starker Glaube an einen christlichen Gott scheint ihn über die Zeit zu tragen und auch im Angesicht seines bevorstehenden Todes die Kraft zu geben, sein Schicksal zu ertragen. Im Abschiedsbrief am Tag seiner Hinrichtung durch ein Fallbeil versucht er, seine Eltern zu trösten.

 

Willis Abschiedsbrief

posthum

Willi Grafs Schwester Anneliese wurde nach viermonatiger Haft wieder entlassen. Die Eltern Willi Grafs verbrachten vier Wochen in Untersuchungshaft, bis man sie wieder freiließ. Erst 1946 wurden die sterblichen Überreste Willi Grafs auf den alten Friedhof Saarbrücken-St. Johann überführt. Hier liegen auch seine Eltern begraben. Gepflegt wird das Grab durch die Stadt Saarbrücken. Alljährlich wird an seinem Todestag, dem 12. Oktober, dort ein Kranz mit weißen Rosen niedergelegt. Inzwischen tragen Schulen und Straßen ihm zu Ehren Willi Grafs Namen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte sich seine Schwester, Anneliese Knoop-Graf, die bis zu seiner Verhaftung nichts von seiner Tätigkeit in der Weißen Rose wusste, intensiv mit seinem Leben, seinem Wirken und seinen Motiven und wertete dabei unter anderem seine Tagebücher aus. Für ihre lebenslange Beschäftigung mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus bekam Knoop-Graf 2006 die Ehrendoktorwürde der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Karlsruhe.

Ehrengrab

Quellen: Wikipedia, Ehrenbürger Saarbrückens

Biografie im JANUAR

Sie wollen Ihre eigene Biografie hier im Biografienforum veröffentlichen?