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France Gall  

 

Geboren am 9. Oktober 1947 als Isabelle Geneviève Marie Anne Gall in Paris

 

Isabelle Galls Familie ist stark in der Musik verwurzelt: Ihr Vater Robert Gall schrieb unter anderem Chansons für Charles Aznavour und Édith Piaf, auch ihr Bruder komponierte. Unterstützt von ihren Eltern, bricht Isabelle im Alter von 15 Jahren die Schule ab und nimmt ihre ersten Lieder auf. Auf Rat ihres Managers wählt sie den Künstlernamen France Gall, da ihr bürgerlicher Vorname, Isabelle, schon von der Sängerin Isabelle Aubret bekannt ist.  

1965 beim Grand Prix De La Chanson

Erster Erfolg dank Serge Gainsbourg

Das französische ‚Enfant Terrible‘ Serge Gainsbourg wird auf die junge Chanteuse aufmerksam. Seine Texte, oft mit doppeltem Boden und erotischen Anspielungen versehen, modelliert er um seine junge und naive Lolita. Der Bekanntheitsgrad steigert sich im Zusammenspiel mit den Skandalen. „France Gall hat mein Leben gerettet„, erinnert sich Gainsbourg an diese Zeit. „Bevor sie meine Lieder sang, war ich bei den meisten jungen Leuten total abgemeldet.

Mit „Poupée De Cire Poupée De Son“, von Gainsbourg geschrieben, nimmt France Gall 1965 für Luxemburg am Grand Prix Eurovision De La Chanson in Neapel teil und gewinnt. Doch die erfolgreiche Zusammenarbeit endet bereits im folgendem Jahr abrupt. 

„Les Sucettes“ erscheint in France Galls guten Glauben, ein nettes Kinderlied zu veröffentlichen. Vordergründig handelt das Stück vom Mädchen Annie, dass sich für ein paar Pennies Lutscher mit Anisgeschmack kauft und sich wie im Paradies fühlt, wenn die enthaltene Flüssigkeit ihre Kehle herunterläuft. Doch „sucettes“ steht in Frankreich auch für Blow-Jobs. Auch die französische Aussprache des Wortes Pennies ist nicht weit vom männlichen Geschlechtsteil entfernt.

Erst als sich „Les Sucettes“ längst zu einem Erfolg entwickelt hat, wird Gall auf ihre Naivität hingewiesen. Untröstlich zieht sie sich für Wochen aus der Öffentlichkeit zurück. „Ich habe das der ganzen Welt übel genommen. Ich habe den Song ganz unschuldig aufgenommen und hatte keine Ahnung„, beteuert die Sängerin noch Jahre später in einem Interview. Es kommt zum Bruch mit Gainsbourg. 

My way – wäre wohl ohne sie nie entstanden

1966 schreibt Claude François, nach seiner gescheiterten Liebesbeziehung mit Gall zerfressen von Liebeskummer, den Titel „For You“, den er mit leichten Abänderungen unter dem Namen „Comme D’habitude“ veröffentlicht. Paul Anka sichert sich die Rechte an einer englischen Version und verfasst den Text von „My Way“, der gesungen von Sinatra Geschichte schreiben sollte.

Auftritt bei der Hitparade

In Deutschland

Wie viele Künstler ihrer Zeit startet France Gall auf dem deutschen Schlagermarkt durch. Kurzzeitig verlegt sie sogar ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland. Zwischen 1966 und 1972 veröffentlicht sie Hits am laufenden Band. Für „Zwei Apfelsinen im Haar“ erhält sie eine goldene Schallplatte. Es folgen Gassenhauer wie „Ein Bißchen Goethe, Ein Bißchen Bonaparte“ oder „Haifischbaby“,

Aufgrund ihrer großen Popularität insbesondere beim jungen Publikum erhielt sie 1969 und 1971 den bronzenen sowie 1970 den silbernen Bravo Otto der Jugendzeitschrift Bravo.

Rückblickend äußerte France Gall, die Zeit ihrer Karriere in Deutschland sei nicht die schönste ihres Lebens gewesen, denn durch ihren Bekanntheitsgrad und die ständigen Reisen und Auftritte habe sie keine normale Jugend gehabt. Ihre deutschen Schlager stehen stilistisch in Kontrast zu ihrer weiteren Karriere in Frankreich.

Michel und France

 

 

Privates Glück

Im Jahr 1973 hörte Gall während einer Autofahrt im Radio ein Lied von Michel Berger, der auch einen Künstlernamen trägt und eigentlich Michel-Jean Hamburger heißt. Sie sagt später, sie habe angehalten, um das Lied auf sich wirken zu lassen. Zu dieser Zeit sind ihre Plattenverkäufe rückläufig und sie selbst in einem Alter, in dem sie sich nicht mehr als „kleines Mädchen“ präsentieren will, sondern als erwachsene Frau.

Sie bittet Berger, für sie zu Stücke zu schreiben. Wäre sie Berger nicht begegnet bzw. hätte sie ihn nicht zufällig im Radio gehört, hätte sie wohl zu diesem Zeitpunkt ihre Karriere beendet. Berger komponiert Lieder in einem neuen Stil komponiert für sie und auch hiermit hat sie wieder Erfolg. Schnell wird aus der zunächst rein professionellen Zusammenarbeit die große Liebe. 1976 heirateten beide in Paris und bekommen zwei Kinder, Pauline Isabelle und Raphaël Michel.

In den 1980er Jahren lernt France Gall bei einer Reise in den Senegal eine mittellose junge Mutter mit einem Baby, einem Jungen namens Babacar, kennen. Diese Begegnung inspiriert sie nicht nur zu einer neuen Platte, France Gall bleibt mit dieser Familie auch bis Anfang der 1990er Jahre in Kontakt und unterstützt sie finanziell.

Nach mehr als 15 Jahren Abwesenheit von Deutschland  feiert France Gall 1988 dort ihren größten Hit: Der Titel Ella, elle l’a, eine Hommage an die Jazz-Sängerin Ella Fitzgerald, ist vier Wochen auf Platz 1. Er ist in diesem Jahr die in der Bundesrepublik fünftmeistverkaufte Single und sogar erfolgreicher als in Frankreich, wo sie für dieses Lied als „Sängerin des Jahres” ausgezeichnet wird.

 

 

Schicksalsschläge

Während einer Tennispartie im Urlaub in St. Tropez erleidet der erst 44jährige Michel Berger im August 1992 an einen Herzinfarkt und verstirbt. 1993 erkrankt Gall an Brustkrebs. Aber sie erholt sich wieder. Nicht dagegen ihre Tochter Pauline. Sie leidet an der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose und stirbt 1997 im Alter von 19 Jahren.

Anstatt sich nach der Trauer in die Arbeit zu stürzen, verabschiedet sich Gall über Jahre aus der Öffentlichkeit. Sie lebt zwischen Senegal und Paris, fasst neuen Mut und beginnt, Menschen in Not zu helfen. „Ich konnte es nicht fassen, dass ich erleben musste, wovon jeder sagt, es sei unmöglich, so etwas zu überwinden. So beschloss ich, eine Mutter zu werden, der es gelingt, mit dem Gedanken, ein Kind und ihren Mann verloren zu haben, zu leben. Ich lebe mit dem Gedanken, dass ich dankbar dafür bin, 19 Jahre mit ihr verbracht zu haben.“, gesteht sie. Nach fünfzehn Jahren Auszeit beginnt sie erneut, mit Musik zu arbeiten. Zunächst an einem Musical mit Songs ihres Mannes.

 

in späteren Jahren

Im Januar 2018 erliegt France Gall, die mit ihren Liedern ganze französische Generationen begleitete, in einer Klinik bei Paris ihrem langwierigen Krebsleiden, das zwei Jahre zuvor wieder aufgeflammt war. Sie ist 70 Jahre alt geworden

Der französische Staatspräsident, Emmanuel Macron, und sein Vorgänger, Nicolas Sarkozy, würdigten sie in Nachrufen. Sie wird auf dem Cimetière de Montmartre im Familiengrab an der Seite ihres Mannes und ihrer Tochter Pauline bestattet.

Aus Sohn Raphael, einem passionierten Pokerspieler, ist ein Musikproduzent geworden. Seit 2021 ist er Vater einer Tochter; sie trägt den Namen Ella.

Quellen: Wikipedia, spiegel.de, Elle

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