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Hans Stern

Hans Stern wird am 1. Oktober 1922 in Essen geboren. Nachdem das Elektrogeschäft seines jüdischen Vaters während der Reichspogromnacht angezündet und zerstört worden ist, flieht der 17-jährige Stern mit seiner Familie aus Nazi-Deutschland nach Südamerika. Sie sind dankbar, ein Visum für Brasilien zu bekommen, obwohl sie dort keine Verbindungen haben. So kommen sie 1939 mittellos an und haben keine Ahnung, wie sie sich in einem neuen Land und einer neuen Kultur zurechtkommen werden.

Hans Stern ist begeistert von der neuen Heimat. Rasch bekommt er einen Job beim Edelsteinhändler „Christab“, einem Unternehmen, das brasilianische Edelsteine schleift und exportiert. und lernt alles über Edelsteine. Er lernte schnell etwas über das Schmuckgeschäft und die vielen Sprachen, die er für eine Karriere im internationalen Edelsteinhandel benötigen würde.

Als Teil seiner Arbeit besucht Hans die Minen in Minas Gerais und reiste zu Pferd. Er freundet sich mit den örtlichen Bergleuten an und fängt an, seine eigenen Steine auf Kommission zu kaufen. Vor allem die bunten Juwelen wie Turmaline (grün) – seine Lieblingssteine – oder Amethysten (violett) gefallen ihm.

Der junge Hans

Flucht nach Brasilien

Als er 1949 sein eigenes Geschäft „H. Stern“ eröffnet – das er nach der Familienlegende aus dem Erlös seiner Ziehharmonika finanziert hat -, reüssiert er mit einer revolutionären Idee. Sein Schmuck solle tragbar und erschwinglich sein. Deshalb Halbedelsteine statt teurer Diamanten.

Damals gab es noch keinen großen Markt für brasilianische Halbedelsteine wie Amethyst, Zitrin und Turmalin. Heute hat Brasilien eine weltberühmte Schmuckindustrie und ist die Quelle von fast der Hälfte aller farbigen Edelsteine der Welt.

Zunächst verkauft der junge Hans Stern an die Passagiere von Kreuzfahrtschiffen. Doch das Geschäft floriert nicht gerade. Der Wendepunkt kommt 1951, als der nicaraguanische Diktator Anastasio Somoza in seinen Laden kommt und ein 20.000 Dollar teures Aquamarin-Collier bei ihm kauft. Von nun an läuft das Geschäft.

Hans Stern im Alter von 18 Jahren bei seiner Ankunft in Brasilien

Lieblingsbuchstabe R

Seine 14 Jahre jüngere Frau Ruth, die wie Stern selbst aus Essen kommt (ihre Eltern waren vor den Nazis nach Uruguay geflohen), lernt er 1957 kennen, ein Jahr später wird geheiratet. Die Ehe hält bis zu seinem Tod 50 Jahre später. Sie bekommen vier Söhne, alle fangen mit dem Buchstaben R an – wie Ruth.

Hans Stern mit einer Kollektion seiner (Halb)Edelsteine

Erfolgreich und sozial engagiert

Stern führt einen großen Teil seines Erfolgs auf das zurück, was er später als eine Kombination aus Glück, Gelegenheit und Ethik beschrieb. Er glaubt, dass Fair Play in einem Geschäft, in dem Kunden darauf vertrauen müssen, dass der Verkäufer ihnen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet, unerlässlich ist.

Dabei sticht seine Firma mit in Brasilien selten guten Löhnen und vorbildlichen Sozialleistungen heraus. So gibt es eine komplett ausgerüstete Arztpraxis, bezahlten Schwangerschaftsurlaub oder vergünstigte Kino- oder Theatertickets.

In den 1980er Jahren bringt Stern mit Catherine Deneuve die erste Kollektion heraus, die von einem Filmstar mitentwickelt und ein großer kommerzieller Erfolg wird. Ähnliche Projekte zusammen mit anderen Film- und Popstars folgen. 

Hans Stern mit seinem ältesten Sohn Roberto

Der Herr der bunten Steine

Hans Stern gehört 60 Jahre nach seiner Firmengründung nach Tiffany und Cartier der drittgrößte Schmuckkonzern der Welt. Seine Schmuckstücke und Schmuckuhren sind mit allen renommierten Design-Preisen ausgezeichnet worden. Stern bringt es auf über 170 Filialen in 26 Ländern mit über 3.500 Mitarbeitern. Zu den berühmtesten Kunden von Stern gehörten Henry Kissinger, John F. Kennedy und der Schah des Iran. 70 Prozent des Jahresumsatzes werden in Brasilien gemacht. Die beiden deutschen Standorte befinden sich in Frankfurt.

Schon 1951 begann H. Stern, Führungen durch die Schmuckwerkstätten anzubieten. Heute gehören diese Touren zu Rios Touristenattraktionen. Trotz seines Erfolgs bleibt der Unternehmensgründer stets bodenständig. Noch mit Anfang 80 geht er jeden Morgen ins Büro. D.h. er fährt. Erst im Alter tauscht er seinen VW-Käfer gegen einen Golf ein, der ihm etwas bequemer erscheint.

1958 gründet er das erste gemmologische Institut in Lateinamerika. Die Uhren unter dem Markennamen H. Stern werden in der Schweiz von der Firma Century in Nidau hergestellt. 

„Das ist nicht einfach Schmuck. Manche Leute sagen, dass Steine heilen können, andere tragen sie als Talisman“, erklärt der Stein-Begeisterte Stern einmal. Mit seiner Leidenschaft für Edelsteine begeistert er nicht nur Käufer auf der ganzen Welt, sondern auch immer wieder Prominente. Hollywood-Stars wie Cate Blanchett oder Teri Hatcher tragen seine Produkte auf dem roten Teppich.

2007 stirbt Stern, der im Leben 35 Operationen über sich ergehen lassen musste, im Alter von 85 Jahren in Rio de Janeiro, der Stadt, die zu seiner zweiten Heimat wurde und in der er über 50 Jahre lang Ehrenbürger war.

Von den vier Söhnen Roberto, Ronaldo, Ricardo und Rafael führen die beiden Ältesten, Roberto und Ricardo, die Geschäfte ihres Vaters fort, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. (Genauso übrigens wie sein Namensvetter Horst Stern.)

 

Quellen:  Wikipedia, Welt, gemselect

 

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