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Joseph Schmidt

Es kommt ein Tag,
wo wir verstehen:
Dasein, wie bist du schön!

aus:  Ein Lied geht um die Welt

Gebürtiger Ukrainer

Joseph Schmidt wurde am 4. März 1904 in Davideny bei Czernowitz in der Ukraine geboren. Damals gehörte seine Geburtsstadt noch zu Österreich-Ungarn, später für kurze Zeit zu Rumänien. Czernowitz beherbergte eine bunte Mischung von Menschen verschiedener Kulturen und Sprachen, es war stark von jüdischen Traditionen geprägt, die deutsche Sprache spielte eine wichtige Rolle.

Joseph Schmidt fiel schon als Kind wegen seiner Musikalität auf. Den singenden Joschi nannte man ihn, und als Wunderkind von Davideny wurde er von den Nachbargemeinden eingeladen. Die Eltern von Joseph Schmidt ermöglichten ihrem Sohn trotz bescheidener finanzieller Verhältnisse Musikunterricht, später konnte er sich seinen großen Traum erfüllen und in Berlin Musik studieren.

Einer Karriere in der Oper stand aber Schmidts geringe Körpergröße im Wege. Mit 1,54 Meter hätte er keine männlichen Heldenrollen besetzen können.

Dafür ermöglichte ihm das noch junge Medium Radio eine Traumkarriere und der Tenor wurde in wenigen Jahren zur bekanntesten Stimme des Rundfunks.

Joseph Schmidt als junger Mann

Ein Tenor geht um die Welt

Der erfolgreiche Schmidt nahm zahlreiche Schallplatten auf und sang zwischen 1929 und 1933 am Berliner Rundfunk in 38 Rundfunkopern. Mit seinen Rundfunksendungen trug er nicht nur zur Popularität des Rundfunks bei, sondern wurde selbst ein gefeierter Tenor.

Seinen größten Erfolg landete Joseph Schmidt beim ebenfalls noch jungen Tonfilm mit der Titelmelodie des gleichnamigen Films «Ein Lied geht um die Welt», der im Schicksalsjahr 1933 in die Kinos kam. Er war ein großartiger, gefeierter Sänger, aber er war auch Jude.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sang Schmidt am 20. Februar 1933 zum letzten Mal im deutschen Rundfunk, Der Barbier von Bagdad. Eine Woche darauf wurde ihm der Zugang zum Funkhaus verwehrt. Nach der Premiere seines Films Ein Lied geht um die Welt am 9. Mai 1933 verlegte Schmidt seine Tätigkeiten nach Österreich, später nach Frankreich. In die Jahre vor dem Krieg fallen triumphale Konzerttourneen. Er gastierte 1934 in Palästina, debütierte am 7. März 1937 als Tenor in der New Yorker Carnegie Hall und gab in Deutschland bis 1937 noch einzelne Konzerte beim Jüdischen Kulturbund.

Ein Gastspiel als Rudolf gab Schmidt im Jahre 1940 auch in Helsinki. Als weitere Bühnenpartie sollte er den Canio in Bajazzo singen, doch verhinderte die sich zuspitzende Politik dieses Projekt. Schmidts letzter nachweisbarer Auftritt fand in der Oper von Avignon am 14. Mai 1942 statt. 

Der kleine Mann und die Frauen

So mancher weibliche Fan glaubte gerne, dass der kleine Kerl extrem einsam sei. Er selbst betonte in vielen Interviews immer wieder, dass er nicht verheiratet sei, nicht einmal eine Verlobte habe, da er keine Zeit für weibliche Gesellschaft habe, obwohl er sich nach einer Seelenverwandten sehne. So manche war bereit, den „armen Kerl“ zu trösten, und sie stellten bald fest, dass er keineswegs unerfahren war. Bis auf eine berühmt-berüchtigte Ausnahme gelang es ihm immer, Details seiner Affären aus der Presse herauszuhalten, die ohnehin nicht die Legenden zerstören wollte, die er geschaffen hatte.

So wussten nur wenige von seiner längsten Beziehung. Während eines seiner Wiener Konzerte hatte er die Polin Lotte Reig kennengelernt, 24 Jahre alt und verheiratet mit Otto Kohn. Schmidt begann eine leidenschaftliche Liaison mit der Dame. Schon bald wurde daraus eine On/Off-Beziehung. Wenn sie zusammen waren, stritten sie sich, wenn sie nicht zusammen waren, vermissten sie sich. Anfang 1935 wurde sie schwanger, und sie teilte Schmidt in jenen Tagen mit, dass er der Vater sei. Seine Reaktion darauf und ob er je Kontakt zu diesem Sohn (der wie sein offizieller Vater Otto Kohn hießt) hatte, darüber schweigen sich die Annalen aus.

 

Tod mit 38

Als der jüdische Sänger ahnt, dass die Lage in Europa für ihn immer bedrohlicher wird, fasst er Kuba als künftigen Wohnsitz ins Auge. Die Überfahrt wird jedoch abgesagt, als die USA 1941 in den Krieg eintritt. Viele Optionen bleiben nicht, also entschließt Schmidt sich zur Ausreise in die Schweiz. Dort kommt er im Oktober 1942 nach mehreren missglückten Versuchen an. Allein und zu Fuß hatte er die Grenze überquert.

Von den Strapazen geschwächt, bricht Schmidt in Zürich auf offener Straße zusammen, wird erkannt und als illegaler Flüchtling – laut einem Gesetz von 1942 galten geflohene Juden in der Schweiz nicht als politische Flüchtlinge – in das Internierungslager Girenbad „zur Abklärung des Falles“ gebracht. Er beantragt eine Arbeitserlaubnis, die ihm zunächst verweigert wird. Im Lager Girenbad trifft Schmidt auch noch auf einen Lagerleiter, der eine ausgesprochen sadistische Ader zu haben schien.

Nach kurzer Zeit erkrankt der berühmte Sänger an einer Halsentzündung. Als sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert, schickte man Joseph Schmidt ins Kantonsspital nach Zürich. Zwar behandelt man dort die Halsbeschwerden, seinem Hinweis auf starke Schmerzen in der Herzgegend will man jedoch nicht nachgehen und verweigert eine weitere Untersuchung. Für Chefarzt Professor Brunner war die Sache einfach: Der Arzt hielt ihn für einen Simulanten, der dem Lagerleben entrinnen wollte. Als offiziell geheilt wird Schmidt am 14. November 1942 aus dem Kantonsspital entlassen und muss zurück in das Auffanglager Girenbad.

Joseph Schmidt, nunmehr ein Schatten seiner selbst und kaum mehr in der Lage allein zu stehen, stirbt am 16. November 1942 in der Stube des nahegelegenen Gsathofs Waldegg, wohin man ihn Stunden vorher gebracht hatte, an Herzversagen. Einen Tag nach seinem Tod lag seine Arbeitserlaubnis vor und er wäre frei gewesen.

Neun Menschen erwiesen ihm auf dem Israelitischen Friedhof in Zürich die letzte Ehre, der Legende nach regnete es in Strömen.

 

Posthume Ehren

Zum 100. Geburtstag des Sängers gab die Deutsche Post im März 2004 eine Briefmarke im Wert von 55 Cent heraus.

Am 4. Juli 2007 wurde in Berlin eine Gedenktafel für Joseph Schmidt an der Nürnberger Straße 68 enthüllt, wo er bis 1933 wohnte. Das Nachkriegsgebäude wurde inzwischen allerdings abgerissen und die Tafel seitdem im Eingangsbereich der Musikschule präsentiert.

1977 wurde in Berlin-Neukölln die Joseph-Schmidt-Straße und 1995 in Wien (3. Bezirk) der Joseph-Schmidt-Platz nach ihm benannt.

Seit dem 22. Januar 2008 erinnert der Asteroid (168321) Josephschmidt an den Sänger.

 

Grabstätte von Joseph Schmidt

Quellen:  Wikipedia, Uni Hamburg, zeit.de

 

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