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David Mackenzie Ogilvy

 

Geboren am 23. Juni 1911.

 (An einem 23. Juni wurden sowohl sein Vater als auch sein Großvater geboren!)

Kindheit und Jugend

In einem kleinen Kaff südwestlich von London kommt er als viertes Kind von  Francis und Dorothy Ogilvy zur Welt. Mutter Dorothy Blew Fairfield ist eine ehrgeizige Anglo-Irin, die mit ihrer Heirat ihr Medizinstudium unterbrechen musste. Sein Vater, Francis John Longley Ogilvy, ursprünglich ein schottischer Gelehrter, sattelte auf Broker um, wird aber nach Beginn des Ersten Weltkriegs und dem damit verbundenen Zusammenbruch der Londoner Börse quasi bankrott. So wächst der kleine David in einem weniger begüterten Haushalt auf. Wo früher noch etliche Bedienstete herumwuselten, gibt es nur noch eine Hilfkraft und die Familie lässt sich in Guildford nieder, wo Davids Vater immerhin noch in der Lage ist, das Haus von Lewis Caroll zu kaufen, dem literarischen Schöpfer von Alice im Wunderland.

Seine Schulzeit erlebt David überwiegend in einem strengen Internat, in dem schon George Orwell als Heranwachsender unglückliche Jahre verbrachte. Nur dank eines Stipendiums ist es ihm überhaupt möglich, eine Ausbildung zu erhalten. Denn die Eltern sind inzwischen bettelarm. David ist zwar schlau und gewitzt, aber kein guter Schüler. Immerhin erlernt er hier und an der weiterführenden Schule einen ordentlich Schreib- und Redestil, wie er später in seinen Memoiren festhalten soll.

So erhält er aufgrund seines offenbar beeindruckenden Bewerbungsaufsatzes ein  Stipendium für Geschichte in Oxford. Er bricht aber schnell ab. Stattdessen kehrt er England den Rücken und beginnt in Paris ein Berufsleben als Sous-Chef-Lehrling in der Küche des Luxushotels Majestic , 19, avenue Kléber. Eine große Küche mit fast 35 Köchen. Geleitet von einem wütenden und fordernden Chef. Ogilvy bemerkt später, dass die Härte und Autorität des Küchenchefs die Moral junger Köche stimuliert und ihnen ein starkes Gefühl für harte Arbeit, Disziplin und Exzellenz vermittelt, indem sie ihnen das Gefühl geben, in der besten Küche der Welt zu arbeiten.

David mit seiner Mutter Melinda

Erstes Berufsleben

Davids Bruder Francis arbeitet inzwischen bei der Werbeagentur Mather and Crowther in London.  Um den Vertrieb eines hochwertigen Küchenherds namens Aga, anzukurbeln, holt Francis seinen Bruder David ins Boot. Schließlich verfügt der inzwischen über Küchenkenntnisse und Küchen-Französisch. So wird David Ogilvy Handlungsreisender in Sachen Herd-Verkauf. Schon hier erweist sich der junge Mann als trickreiches Verkaufsgenie. Er wird gebeten, ein Brevier zu schreiben, in dem er verrät, wie man zu einem guten Verkäufer wird. Diese rund 30 Seiten sind wohl der Start zu seiner dann folgenden Karriere als Werbe-Genie.

Die USA entdeckt David Ogilvy 1934 während eines Sommers auf einer Ranch in Montana. Seitdem träumt er davon, sich dort niederzulassen und England zu verlassen. Er abonniert  einen Dienst in Chicago, um alle neuen amerikanischen Werbekampagnen zu erhalten, und kopiert die besten für seine Londoner Kunden. Er arbeitet hart und liest alles, was er über den Handel finden kann. 1938 überzeugt David seinen Bruder davon, ihn für ein Jahr nach New York zu schicken, um die neuen amerikanischen Arbeitsmethoden zu studieren. Schnell lernt er dort wichtige Leute kennen und entdeckt den Bereich „Umfragen und Meinungsforschung“ als wesentliches Element für zielgerichtete Kampagnen.

„Mad Man“  – Werbefachmann in der New Yorker Madison Avenue

Ehe und sonstiges Niederlassen

1939 lernt David Ogilvy die junge Melinda Street kennen und heiratet sie. Sie ist erst 18, stammt aus einer sehr wohlhabenden Familie in Virginia und studiert an der Julliard School of Music in New York. 1942 wird ihr Sohn David Fairfield Ogilvy geboren. Es sollt David Ogilvys einziges Kind bleiben. Nicht aber seine einzige Ehe.

Ogilvy führt als leitender Assistent des Audience Research Institute erstmals empirische Marktstudien durch, um Werbetechniken und politische Umfragen an die Studie des Kinopublikums anzupassen.
Parallel dazu arbeitet Ogilvy als Berater der britischen Regierung an der Untersuchung der amerikanischen öffentlichen Meinung. Während des gesamten Zweiten Weltkriegs arbeitet er an der Seite von Roald Dahl, Ian Fleming und anderen unter William Stephenson. Am Ende des Krieges lehnt er die verschiedenen Angebote ab, die ihm gemacht wurden, dem britischen Geheimdienst oder dem diplomatischen Korps beizutreten. Stattdessen beschließt er, sich im Landleben zu versuchen. Inspiriert von den in aller Einfachheit lebenden Amish kauft er 1944 mit seiner Frau Melinda eine Farm in Pennsylvania, und David Ogilvy beginnt mit dem Anbau von Tabakblättern. Dieses Intermezzo währt bis 1948, dann verkaufen sie die Farm wieder.

berühmt gewordene Schweppes-Werbung – die mit dem Bart

Ogilvys Debüt in der Madison Avenue

Nach seinen vielfältigen Erfahrungen entscheidet sich David Ogilvy schließlich, in die Welt der Werbung einzusteigen, stellt aber bald fest, dass er mit seinen 38 Jahren keine Chance hat, ohne Referenzen irgendwo eingestellt zu werden. Also beschließt er, seine eigene Werbeagentur zu gründen. Mit geliehenen 6.000 Dollar von der Bank gelingt es ihm, seinen Bruder Francis in London davon zu überzeugen, ihm beim Aufbau dieser kleinen Agentur als New Yorker Außenposten von Mather & Crowther zu helfen. Letztlich lautet der erste Zusammenschluss einer Agentur mit David Ogilvy Hewitt, Ogilvy, Benson & Mather.

Nach Anfangsschwierigkeiten – Kunden und Geld müssen auftrieben werden – gelingt es ihnen, ihren ersten Großkunden, die Sun Oil Company mit einem Jahresbudget von 3 Millionen US-Dollar an Land zu ziehen. Helena Rubinstein Cosmetics ist der erste Kunde, den Ogilvy gewinnt.

Der Durchbruch gelingt der Agentur, als sie von dem in Maine ansässigen Hemdenhersteller C. F. Hathaway Company angesprochen wird.

Ogilvy soll mit dem männlichen Mannequin Baron George Wrangell, Sohn eines ehemaligen Marineattachés des russischen Zaren, Werbeaufnahmen für die Hemdenfirma Hathaway machen.

An einem regnerischen Dienstagmorgen, auf dem Weg ins Photostudio, lässt Ogilvy sein Taxi an einem Drugstore halten und ersteht für 1,50 Dollar eine schwarze Augenklappe. Die Binde über dem rechten Auge des Mannequins Baron Wrangell lässt die Hathaway-Kompanie nach 116 Jahren Anonymität zu einem der bekanntesten Hemden-Produzenten Amerikas werden.

Die Ogilvy-Werbung vervielfältigt den Umsatz der Gesellschaft. Baron Wrangell wird von der Erbin eines Whisky -Vermögens geehelicht und lebt fortan auf einem Schloß in Spanien. Ogilvy selbst verdient an seinem ersten Geniestreich nur sechstausend Dollar. Aber er ist über Nacht bekannt und begehrt geworden.

Die zweite erfolgreiche Reklame -Figur, die von David Ogilvy in das Leben der amerikanischen Nation eingeführt wird, ist der königlich-britische Commander der Reserve Edward Whitehead, Generaldirektor der amerikanischen Filiale des englischen Mineralwasser-Unternehmens Schweppes. Sein roter Vollbart wird zum gewinnträchtigen Werbe-Symbol des Unternehmens.

Die Nummer 1 in der Werbebranche

Die wilden Werbejahre (1950er-70er)

David Ogilvy ist bald einer der begehrtesten und teuersten Reklame-Experten Amerikas. Seine Firma »Ogilvy, Benson & Mather« beschäftigt 497 Angestellte. Sie hat einen Umsatz von 55 Millionen Dollar im Jahr. Die Präsidenten-Witwe Eleanore Roosevelt überredet er, in Fernseh-Werbesendungen für »Good Luck«-Margarine aufzutreten. Sein Reklameslogan für ein Luxusauto macht ihn legendär: »Bei 100 km/h ist das lauteste Geräusch im neuen Rolls-Royce die elektrische Uhr“.

Wer die Serie „Mad Men“ gesehen hat, zu deren Hauptfigur Ogilvy die Blaupause geliefert haben soll, gewinnt einen guten Eindruck in die Welt der Werbung zu ihrer Blütezeit. Auch in die heute altertümlich und sexistisch anmutende Geschlechterverteilung innerhalb der Agenturen – es gab kaum Frauen und wenn, waren sie höchstens Sekretärin. Die Rolle der Frauen, die in Ogilvys Leben vorkamen – auch hier liefert die Serie tiefe Einblicke – scheint ebenfalls eine untergeordnerte gewesen zu sein. Weniger in der Quantität als in puncto ihrer dauerhaften Bedeutung für ihn.  

Das Ehepaar Perón 1950.

 

Werbe-Papst, Schloss-Besitzer

Ungeachtet dessen ist sein Verdienst im Bereich der Werbung kaum zu hoch einzuschätzen. Er prägt auch heute noch gültige Leitsätze wie ‚Man kann die Leute nicht so lange langweilen, bis sie das Produkt kaufen. Man kann den Kauf des Produkts nur interessant machen.‘
‚Bringe niemals Werbung, die Du nicht auch Deiner eigenen Familie
zeigen würdest.‘
„Die Disziplin des Wissens ziehen wir der Anarchie der Ignoranz
vor. Wir streben nach Wissen wie ein Schwein nach Trüffeln.‘

Nach diversen Firmenzusammenschlüssen, Verkäufen etc. setzt sich Ogilvy schließlich Ende der 1990er Jahre auf seinem Schloss in Frankreich zur Ruhe, gemeinsam mit seiner dritten Ehefrau. Sein Sohn kommt ihn regelmäßig aus den USA besuchen, er arbeitet als erfolgreicher Immobilienmakler. Seine leiblichen Enkel wird David Ogilvy sen. nicht mehr kennenlernen. Er stirbt, wohl auch an Alzheimer leidend, 1999 an einem Lungenemphysem. War ein leidenschaftlicher Raucher.

Château de Touffou.

 

Quellen:  Wikipedia, SPIEGEL1964, Onlinemarketing

 

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