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Elizabeth Angela Marguerite Bowes-Lyon

 

Geboren am 4. August 1900.

Lady Elizabeth ist das neunte von zehn Kindern von Claude Bowes-Lyon, 14. Earl of Strathmore and Kinghorne (1855–1944) und – offiziell, doch dazu später – seiner Ehefrau, Cecilia Nina Cavendish-Bentinck (1862–1938), die über weibliche Ahnenlinien vom englischen König Heinrich VII. aus dem Haus Tudor abstammt. Elizabeth wird auf der Fahrt zum Krankenhaus in einer Pferdekutsche geboren.

Sie verbringt eine glückliche Kindheit zusammen mit ihrem zwei Jahre nach ihr  geborenen Bruder David Bowes-Lyon im Kreise ihrer Familie auf Glamis Castle, dem schottischen Stammsitz der Familie Bowes-Lyon. Eine Gouvernante deutscher Herkunft lehrt Elizabeth Französisch und Deutsch, was sie schließlich mit zehn Jahren beides fließend spricht.

„Queen Mum“ als Mädchen

Ehe, Kinder und plötzlich…

Anfang der 1920er Jahre lernt sie Albert, den zweiten Sohn König Georgs V., kennen, der sich in die als sehr charmant geltende junge Aristokratin verliebt und entschlossen ist, sie zu heiraten. Elizabeth jedoch lehnt die ersten beiden seiner Heiratsanträge ab.

Zu der Zeit, als Albert anfing, um Elizabeth zu werben, soll sie noch mit einem anderen Mann verbandelt gewesen sein: James Stuart. Auch dies soll einer der Gründe gewesen sein, warum sie Alberts Heiratsantrag zunächst ablehnt. Queen Mary, Alberts Mutter, und Lady Strathmore, Elizabeths Mutter, sollen entschieden haben, dem royalen Glück ein wenig auf die Sprünge zu helfen: Sie arrangieren, dass Stuart nach Oklahoma in die USA geschickt wird, um dort auf einem Ölfeld zu arbeiten. Schon damals sind – wahrscheinlich nicht nur, aber vor allen Dingen dort: – in Adelshäusern Liebesbeziehungen sind das entscheidende Kriterium, eine Ehe einzugehen. Der Plan der (Schwieger)Mütter geht auf: Die Hochzeit findet 1923 in der Westminster Abbey statt.

Der sehr scheue und introvertierte Albert leidet vor allem bei öffentlichen Auftritten unter einem merkbaren Sprechfehler. Elizabeth hilft ihm, dieses Handicap zu überwinden, indem sie ihn mit dem unkonventionellen Sprachtherapeuten Lionel Logue zusammenbringt. (Der Kinofilm The King’s Speech, in dem Elizabeth von Helena Bonham Carter dargestellt wurde, hat dies 2010 zum Thema).

Zwei Töchter werden geboren: Elisabeth und  Margaret.  „Queen Mum“ ist übrigens die letzte royale Frau, die in Anwesenheit eines Ministers gebären muss. Es war üblich, dass der Innenminister als hochrangiges Mitglied des Kabinetts an königlichen Geburten teilnahm, um sicherzustellen, dass der Neuankömmling ein echter Nachkomme des Monarchen war und kein Betrüger eingeschmuggelt wurde. Bei Prinzessin Margaret, dem zweiten Kind von Elizabeth und Prinz Albert, wurde diese Tradition abgeschafft. 

Hochzeit 1923

 

… die Frau des Königs

Im Januar 1936 stirbt Alberts Vater, der englische König Georg V. und dessen ältester Sohn David, Alberts Bruder, wird als Eduard VIII. automatisch König.

Doch diese Ära dauert nicht lange. Angeblich durch eine Indiskretion sickert durch, dass Edward VIII. eine Affäre mit der bereits zweimal geschiedenen US-Amerikanerin Wallis Simpson hat. Seine Absicht, sie zu heiraten, beschwört eine Staatskrise herauf, und Edward sieht sich nach nur elf Monaten Amtszeit gezwungen, im Dezember abzudanken und mit Wallis ins Pariser Exil zu gehen.

Notgedrungen rutscht nun der scheue Albert auf den Thron. Der Zweite Weltkrieg steht bevor. 1940 rät man der Königsfamilie dazu, ins sichere Kanada zu übersiedeln. Elizabeth lehnt ab mit den Worten “The princesses cannot go without me, I cannot go without the King and the King will never go!” („Die Prinzessinnen können nicht ohne mich gehen, ich kann nicht ohne den König gehen, und der König wird niemals gehen.“) König und Königin bleiben in London und sprechen der notleidenden Bevölkerung Mut zu.

Als bei einem Bombardement Londons am 11. September 1940 der Buckingham Palace getroffen wird, spricht die Königin am darauffolgenden Tag zu einem Soldaten die berühmten Worte: “I am almost glad we have been bombed. Now I feel I can look the East End in the face.” („Ich bin beinahe froh, dass wir bombardiert worden sind. Nun habe ich das Gefühl, dem East End ins Gesicht sehen zu können.“) Das East End war das Londoner Armenviertel und wurde am schwersten von den Bombardements der deutschen Luftwaffe getroffen.  Am 8. Mai 1945, dem Tag des Kriegsendes in Europa, lässt sich das Königspaar mit seinen beiden Töchtern und dem damaligen Premierminister Sir Winston Churchill (1874–1965) auf dem Balkon des Buckingham-Palastes vom Volk feiern.

Mutter, Vater, Töchter und Hunde

Mit 52 Witwe – für die nächsten 50 Jahre

Am 6. Februar 1952 stirbt König Georg VI. im Alter von 56 Jahren an Lungenkrebs. Man hatte dem starken Raucher bereits den linken Lungenflügel entfernt, aber der Krebs ließ sich nicht aufhalten. (Auch wenn es damals offiziell Herzversagen hieß, da Krebs stigmatisiert wurde und offenbar keinen Royalty dahinraffen sollte.)

Seine älteste Tochter, die zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters in seiner Vertretung mit ihrem Ehemann in Kenia offiziell auf Besuch ist, kehrt als Königin zurück und besteigt als Elisabeth II. den britischen Thron. Knapp 70 Jahre lang wird sie das Oberhaupt Großbritanniens (etc.) bleiben. Eine allseits bekannte Epoche, zigfach auch medial aufbereitet.

um 1950

In der Öffentlichkeit ist „Queen Mum“ für ihren Humor bekannt und beliebt. Legendär ihr Zuspruch für alkoholische Getränke, Champagner, Martinis, Portwein und ganz besonders Gin. Noch im hohen Alter soll sie täglich mindestens ein Glas Gin Tonic konsumiert haben.

Obwohl sie erst in ihrem 102. Lebensjahr stirbt, hat auch sie eine lange medizinische Akte – die gemäß der royalen Verschwiegenheitsdoktrin erst 20 Jahre nach ihrem Tod 2022 an die Öffentlichkeit dringt. 1966 Darmkrebs, 1984 Brustkrebs, 1995 und 1997 künstliche Hüftgelenke. Das alles haut sie nicht um.

Zu ihrem 100. Geburtstag am 4. August 2000 wird sie mit einer großen Parade durch die Innenstadt von London gefeiert. Vor ihr hatte in der weit über tausendjährigen Geschichte der englischen beziehungsweise britischen Monarchie noch nie ein Mitglied der Königsfamilie dieses Alter erreicht.

Doch jenseits der 100 wird sie zunehmend gebrechlicher. Sie erleidet einen Schlüsselbeinbruch und muss kurz vor ihrem 101. Geburtstag wegen Anämie ins Krankenhaus.

Als ihre jüngere Tochter Margaret, Countess of Snowdon, am 9. Februar 2002 nach jahrelanger Krankheit in London stirbt, fliegt die durch eine schwere Infektion der Bronchien bereits geschwächte Queen Mum mit einem Hubschrauber zur Beerdigung und kann der Trauerfeier nur im Rollstuhl, und erstmals abgeschirmt von der Öffentlichkeit, beiwohnen.

 

Skandalbiografie 2012

Die Tochter einer Köchin?

2012 erscheint eine neue Biografie über der Mutter der Konigin, eine skandalträchtige. Lady Colin Campbell ist die Verfasserin. Offenbar verfügt sie über viele Kontakte und Insiderwissen. Auch wenn die neu aufgedeckten Fakten (?) vielfacht angezweifelt werden, scheint vieles plausibel und wird selbstredend vom Buckingham Palace totgeschwiegen.

Die wahrscheinlich pikanteste Geschichte in diesem an pikanten Details nicht armen Buch ist wohl die ihrer Herkunft. So behauptet Campbell, die spätere Queen Mum sei gar nicht die Tochter ihrer Mutter Celia, verheiratete Lady Strathmore gewesen. Vielmehr soll ihr Vater die Köchin des Strathmore-Haushalts geschwängert haben. Eine Französin namens Marguerite Rodière.

Der dritte Vorname von Queen Mum lautet Marguerite.

Und Lord Strathmore soll dieses Geheimnis auf dem Sterbebett seinem Arzt mitgeteilt haben, Dr. Ailes.

Tatsächlich waren „Surrogat-Geburten“ in Adelskreisen damals keine Seltenheit, zumal Queen Mums Mutter, so behauptet Lady Campbell, nach acht Geburten auf Anraten ihres Arztes nicht mehr empfangen sollte. So soll auch der jüngere Bruder von Queen Mum dank der Köchin 1902 zur Welt gekommen sein.

Aber was könnte dafür schon die Queen Mum selbst. Und was sie selbst im Leben an Schuld auch auf sich geladen haben mag: Ihr verschmitztes Lächeln mit den ungerichteten Zähnen ist das, was für immer von ihr in Erinnerung bleiben wird.

 

Quellen: Wikipedia, NDR, GALA, WELT

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