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Lee Miller

 

Elizabeth „Lee“ Miller wurde am 23. April 1907 als Tochter von Theodore und Florence Miller in Poughkeepsie, New York, USA geboren.

Ihr wechselhaftes Leben, das 1977 in England endete, lässt sich vielleicht in drei grobe Etappen einteilen: Die Kindheit, die für sie bereits im Alter von 7 Jahren endete, ihre Model- und Fotografinnenkarriere mit zahlreichen namhaften Liebschaften, u.a. Man Ray, Charlie Chaplin und Pablo Picasso, danach die 30 Jahre lange zurückgezogene Phase, die die einzige war, die ihr Sohn miterlebt hat und der sich 20 Jahre nach ihrem Tod – nachdem er auf dem klassischen Dachboden ihr Werk (tausende von Fotos) und damit ihr Leben vor der Familiengründung freigelegt hatte – darüber wunderte, was für eine schillernde Person seine Mutter gewesen war.

Lee Miller schon früh in Pose

KINDHEIT

Ihr Vater war deutscher und ihre Mutter schottischer und irischer Abstammung. Sie hatte einen jüngeren Bruder namens Erik und ihr älterer Bruder war der Flieger Johnny Miller .

Als sie sieben Jahre alt war, wurde Lee bei einem Freund ihrer Familie in Brooklyn vergewaltigt (verbürgt ist nicht, wer es war und später wurde auch gemunkelt, es könne ihr eigener Vater gewesen sein) und mit Gonorrhoe infiziert.

Zu diesem Zeitpunkt wurde sie das Lieblingsmodell ihres Vaters, der leidenschaftlich gern fotografierte. Dass er seine noch nicht mal halbwüchsige Tochter mit Vorliebe nackt fotografierte, erklärte der Vater damit, ihr Selbstbewusstsein – vor allem nach der vorangegangenen Vergewaltigung – stärken zu wollen.

Miller hatte Probleme, sich anzupassen und wurde von fast jeder Schule ausgeschlossen, die sie besuchte. 1926, im Alter von 19 Jahren verließ Miller ihr Zuhause, um sich in der Art Students League von New York in Manhattan einzuschreiben und das Zeichnen und Malen zu studieren.

Da sie den größten Teil ihres damaligen Lebens schon Modell gestanden hatte, hübsch und körperbewusst war, verdiente sie sich damit ihr Geld. Als sie beim Shooting in einer Straße in Manhattan beinahe vor ein Auto gelaufen wäre, rettet sie ausgerechnet Condé Nast, der Herausgeber der Vogue. Er bietet ihr spontan einen Vertrag als Fotomodell an, sie wird sogar „Covergirl“.

Lee Miller als US-Kriegsfotografin

MODEL und FOTOGRAFIN

Ihr Vater hatte sie nicht nur fotografiert, sondern sie schon früh mit den künstlerischen und technischen Aspekten der Fotografie vertraut gemacht.

1929 reiste sie nach Paris, um sich der progressiven Kunstszene – insbesondere den Surrealisten – anzuschließen. Sie traf auf den Maler, Filmemacher und Fotografen Man Ray, mit dem sie einige Zeit zusammenarbeitete und auch liiert war. Mit Man Ray entstand eine Vielzahl von gemeinsamen Fotoprojekten.

Nach der Trennung von Man Ray entschied sich Miller, selbstständig als Fotografin mit eigenem Studio in Frankreich zu arbeiten. Anfangs arbeitete sie als Porträt- und Modefotografin; ihre Leidenschaft für metaphysisch-surreale Sujets und Stilelemente blieb indes ungebrochen. Enttäuscht von Liebesbeziehungen, wie auch von der auseinanderdriftenden Kunstszene in Paris, kehrte sie 1932 zurück nach New York, um bald erneut ein eigenes Fotostudio zu eröffnen. Zwei Jahre arbeitete sie sehr erfolgreich als Fotografin in der Metropole, bis sie den vermögenden ägyptischen Geschäftsmann Aziz Eloui Bey kennen lernte, den sie 1934 heiratete. Um 1935 zog sie mit ihm zusammen nach Kairo.  Beeindruckt von der kargen Wüstenlandschaft und den verlassenen Pharaonenstätten fotografierte sie die Ruinen und Tempel. Sie kletterte mit ihrer kompletten Kamera-Ausrüstung auf die Cheops-Pyramide in Gizeh, um sie im Bild festzuhalten.

Auch die Ehe mit Aziz Eloui Bey hielt nicht lange. 1937 begegnete Miller bei einer Reise nach Paris dem surrealistischen Künstler Roland Penrose, er sollte später ihr zweiter Ehemann werden. Die beiden durchquerten gemeinsam halb Europa, und erneut entstanden Fotoarbeiten. Sie trafen Pablo Picasso, der sechs Porträts von Miller schuf.1939 verließ Miller Ägypten endgültig, um mit Penrose kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nach London zu ziehen. Penrose wurde einberufen, und Miller kehrte kurzzeitig als Fotografin für die amerikanische Ausgabe des Magazins Vogue nach New York zurück.

 

Dora Maar, Pablo Picasso, Lee Miller

Kriegsfotografin

1944 wurde Lee Miller von der US-Army als Militärkorrespondentin akkreditiert und arbeitete eng mit dem Time-Life Fotografen David E. Scherman zusammen, der für kurze Zeit ihr Lebensgefährte war. Miller war eine der wenigen Frauen, die als Kriegsberichterstatterinnen eingesetzt wurden. Mit Scherman fotografierte sie die Kriegsaktivitäten in Europa. In der Schlacht um Saint-Malo hielt sie einen der ersten Einsätze von Napalm im Bild fest. Sie dokumentierte die Befreiung von Paris. Die Filme entwickelte sie in einer improvisierten Dunkelkammer in ihrem Hotelzimmer. Weitere Fotodokumentationen waren das Zusammentreffen der US-Armee mit den sowjetischen Truppen in Torgau und die Einnahme von Adolf Hitlers Berghof auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden.

Eine sehr bekannte Aufnahme von Scherman zeigt Lee Miller in einem gestellten Foto in Hitlers Badewanne in dessen Münchener Privatwohnung Prinzregentenplatz 16 nach der Einnahme Münchens am Tag seines Todes am 30. April 1945.

Lee Miller in Hitlers Badewanne /Veröffentlicht in der VOGUE

Millers Berichterstattung über die Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau dokumentierte das Elend der Inhaftierten und das Grauen über den Massenmord.

Diese traumatischen Erlebnisse hinterließen bleibende Spuren in der Psyche der Fotografin. Miller war eine der Ersten, die Bilder vom zerstörten Westdeutschland publizierte und dadurch die Wahrnehmung der Zeit unmittelbar nach der Kapitulation stark prägte.

 Lee Miller dokumentierte die Befreiung der Konzentrationslager von Buchenwald und Dachau.

 

Spätere Jahre

Nach Kriegsende zog sie sich vom aktiven Bildjournalismus zurück und heiratete am 3. Mai 1947 den surrealistischen Künstler Roland Penrose, mit dem sie schon vor dem Krieg zusammen war (der sie aber zwischenzeitlich mit Picasso und anderen „teilen“ musste).

Das Paar bezog ein Cottage in der ländlichen Gegend Englands. Am 9. September 1947 wurde der Sohn Antony geboren. 1949 zog die Familie in das Farley Farm House in Chiddingly. Noch in den 1950er Jahren arbeitete Miller gelegentlich freiberuflich für verschiedene Magazine wie Vogue oder Life, vernachlässigte aber nach der Geburt ihres Sohnes ihre Arbeit und litt – mutmaßlich infolge der nicht verarbeiteten Erlebnisse – zunehmend an einer Kriegsneurose, bekam Depressionen und begann übermäßig zu trinken.

Lee Miller verstarb am 21. Juli 1977 auf ihrem Anwesen, dem Farley Farm House in East Sussex, an einer Krebserkrankung. Ihre Asche wurde über dem Kräutergarten der Farm ausgestreut.

Farley Farm, inzwischen von Lee Millers Sohn zum Museum und Archiv umgestaltet über das  Leben und Werk seiner Eltern Lee Miller und Roland Penrose

Quellen: Wikipedia, Süddeutsche Zeitung, FR

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